Anja A., Sommersemester 2017

„Traut Euch!“

Nun habe ich endlich mein Abi! Unglaublich, wie schnell die Zeit vergangen ist. Ich erinnere mich noch genau an den Abend, an dem ich durch die Homepage des Abendgymnasiums stöberte und die Erfolgsgeschichten durchlas. Und nun schreibe ich meine eigene! Wie cool ist das denn!

Damals war ich voller Zweifel und Ängste. Packe ich es diesmal? Bin ich zu alt? Werde ich mich völlig blamieren? Aber wie sollte ich diese Fragen jemals beantworten ohne es einfach auszuprobieren?

Die ersten Semester waren auch wirklich intensiv für mich. Aber nur, weil ich sehr hohe Ansprüche an mich selbst stellte. Ich wollte Bestnoten erreichen. Und ein Vollzeitjob, der nebenbei auch noch bewältigt werden wollte, machte es nicht gerade leichter. Dennoch erreichte ich meine kleinen Ziele besonders zu Anfang richtig gut. Es ist wichtig, nicht immer den kompletten Weg vor Augen zu haben, sondern sich an den kleinen Erfolgen zu orientieren, die zum Ziel hin führen.

Mit der Zeit wuchsen dann mein Selbstvertrauen und mein Selbstwertgefühl stetig. Ich erfuhr Anerkennung und Selbstbestätigung. Die Lehrer waren toll und das Lernen machte mir richtig Spaß. Ich merkte, wo meine Stärken und Schwächen lagen und ich hätte nie gedacht, dass dies solche Auswirkungen auf mein Leben haben würde.

Es gelang mir endlich, mich aus meiner seit zehn Jahren andauernden und unglücklichen Beziehung zu lösen. Ich merkte plötzlich, dass ich mehr wert bin als ich dachte. Die Trennung samt Umzug fand dann auch ausgerechnet im letzten Schuljahr statt. Kurz vor dem Ziel durchlebte ich eine persönliche Krise, in welcher ich mich von vielen Altlasten löste.

Ich muss zugeben, dass mir die Schule in dieser Zeit eine regelrechte Hilfe war, denn dort wurde ich abgelenkt von dem Chaos zuhause. Nach dem Tief folgte dann auch sofort das Hoch. Ich fand eine wundervolle neue Wohnung und eine neue Liebe – natürlich alles während des letzten Semesters. Das Leben nahm keine Rücksicht auf meine Abiturprüfungen.

Die Ablenkungen waren groß und die Motivation zum Lernen eher gering. Vor ca. 20 Jahren brach ich das Wirtschaftsgymnasium ab, weil mir die Schule einfach zum Hals raus hing und ich dachte, das brauche ich alles eh nicht. Aber all die Jahre über bereute ich meine damalige Entscheidung unterbewusst. Als ich mein Abitur bestand, merkte ich erst richtig, wie wichtig dieser Schritt für mich war.

Für meine weitere berufliche Laufbahn hätte auch das Fachabitur gereicht und ein Schnitt von 1,5 wäre auch nicht nötig gewesen. Für mich persönlich aber war es wichtig, denn so habe ich erfahren, dass man wirklich alles erreichen kann, wenn man nur will und bereit ist dafür zu arbeiten. Und so kann ich nun erleichtert antworten:
Ja, ich habe es gepackt!

Nein, ich bin nie zu alt für etwas, solange ich es wirklich will und an mich glaube! Und blamieren kann man sich nur, wenn man versucht die Ansprüche von anderen zu erfüllen. In diesem Sinne: Traut euch!

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