Mein Praktikum mit proMINat im Forschungszentrum Jülich

Die Studierendenakademie proMINat findet einmal jährlich statt und bietet Studierenden an Weiterbildungskollegs die Möglichkeit, für einen Zeitraum von fünf Tagen an Projekten des Forschungszentrums Jülich teilzunehmen.

Die Zielgruppe dieses Programms umfasst Studierende in der Qualifikationsphase der Weiterbildungskollegs, die in den Bereichen Mathematik, Informatik oder Naturwissenschaften besonders kompetent und motiviert sind. Mehr Infos gibt es auf prominat.de

Dies ist ein Erfahrungsbericht einer Studierenden des WBK Kölns aus dem Studiengang „AbiVor“.
Wir danken für diesen tollen Bericht!

Um einen Überblick über unsere Woche im Forschungszentrum zu geben, werde ich im folgenden Bericht jeweils eine kurze Zusammenfassung der einzelnen Tage darstellen. Ich hoffe, so einen guten Einblick über den ungefähren Ablauf des Forschungspraktikums vermitteln zu können.

Natürlich ist der jeweilige Tagesablauf in den verschiedenen Instituten individuell. Das Rahmenprogramm gestaltet sich aber für alle Teilnehmer gleich.

Tag 1
Sonntag, der 23.Juni 2024

Die Vorfreude war groß und die Spannung kaum noch auszuhalten,

Als wir endlich um 15 Uhr aus den unterschiedlichsten Gebieten in NRW am Bahnhof in Jülich eintrafen. Es war zwar klar, dass uns eine aufregende Woche bevorstand, doch wer alles Teil der Gruppe sein würde und wie genau der Tagesablauf wäre, war noch ungewiss.

Gemeinsam machten wir uns auf zum Haus Overbach in Jülich, wo wir in der kommenden Woche untergebracht sein würden.

Nach einem kurzen Kennenlernen während eines Erkundungsspaziergangs durch das idyllische, angrenzende Waldgebiet, wurden wir unseren Zimmern zugewiesen. Nun erfuhren wir durch unseren Betreuer Jan, wie der Tagesablauf des nächsten Tages aussehen würde. Außerdem hielten wir unsere Erwartungen, Hoffnungen und eventuell bestehende Sorgen schriftlich fest, die mit der bevorstehenden Woche verbunden waren. Im Laufe der Woche konnten wir dann anhand der festgehaltenen Notizen ergründen, ob unsere Hoffnungen und Wünsche erfüllt und Sorgen beseitigt werden konnten.


Tag 2
Montag, 24.Juni 2024

Nach der ersten Nacht und steigendem Aufregungslevel fuhren wir nach einem leckeren und reichhaltigen Frühstück zum Forschungszentrum Jülich (FZJ).

Dort erwarteten uns Angela aus dem Schülerlabor „JuLab“ und

Philipp (INM-4). Das INM-4 beschäftigt sich mit der Physik der medizinischen Bildgebung. Philipp gab uns einen kurzen Einblick in seinen Arbeitsbereich, der sich mit der Entwicklung, experimentellen Validierung und klinischen Prüfung neuer Bildgebungsmethoden des Gehirns befasst. Ein kurzer Überblick über die bereits verwendeten Bildgebungsverfahren wie CT, MRT und PET-MRT im Zusammenhang mit der Diagnostik bei Hirntumoren rundete den Vortrag ab.

Gerne hätten wir ihm alle noch länger zugehört, aber was nun folgte war nicht weniger spannend. Phillipp führte uns über einen Teilbereich des FZJ – Geländes und erklärte uns weitere, interessante Einzelheiten zur vielfältigen Forschung und der interdisziplinären Zusammenarbeit der einzelnen Institute.

Auch das JSC (Jülich Supercomputing Centre), welches mit dem Supercomputer „Juwels“ einen der leistungsstärksten Computer Europas betreibt, besuchten wir.

In den nächsten Tagen erfuhr ich, dass durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit des JSC mit dem INM-1 Projekte wie das „Human Brain Project“ oder „EBRAINS“ möglich sind, da die hohe Speicherkapazität von „Juwels“ dazu beiträgt, sehr hohe Datenmengen zu verarbeiten.

Nach dieser Führung und einem ausgiebigen Mittagessen wurden wir unseren jeweiligen Betreuern aus den Instituten übergeben.

Mich betreute ab sofort Markus aus dem INM-1 (Institut für Naturwissenschaften und Medizin). Das INM-1 beschäftigt sich mit der strukturellen und funktionellen Organisation des Gehirns.

Mein Wunsch, in dieser Woche dem neurowissenschaftlichen Institut zugewiesen zu werden, hatte sich erfüllt!

Zusammen mit Nicole (INM-1) führte mich Markus zunächst durch die Labore der Abteilung und gab mir vorab schon einmal einen faszinierenden Einblick in die vielfältigen Arbeitsbereiche und Projekte des INM-1.

Der Tag verging wie im Flug und wurde durch ein abendliches Zusammensein mit meinen Praktikumskollegen und Jan Schmidt, unserem Betreuer, abgerundet. In einer gemeinsamen Abendrunde informierten wir unsere Gruppe über die jeweiligen Erlebnisse in den unterschiedlichen Instituten und über die uns erwartenden Projekte.

Tag 3
Dienstag, 25.Juni 2024

Am zweiten Tag im Institut führte mich Nicole in die Welt der Programmiersprachen ein. Mit dem Programm Python sollte ich mich die nächsten Tage zwischen den einzelnen Aufenthalten in den Laboren beschäftigen, da der Umgang mit Programmiersprache und das Erstellen von Algorithmen im Zusammenhang mit dem Erforschen der Neurowissenschaften unverzichtbar ist.

Nach einem Abteilungs-Meeting, in dem für mich zahlreiche fachliche Fragen aufkamen, wurden mir diese von David, ebenfalls Physiker am INM-1, geduldig beantwortet. Darüber hinaus erläuterte er mir ausführlich die bildgebenden Verfahren zur Kartierung des Gehirns. Das im INM-1 erschaffene Julich-Brain ist ein drei-dimensionaler Atlas des menschlichen Gehirns mit Karten des Cortex und der sub-cortikalen Bereiche. Der Atlas umfasst Karten von über 200 Regionen und wird kontinuierlich erweitert. Die Darstellung der Zellkörper des Kortex wird durch die Behandlung eines (post mortem) Gehirns mit Paraffin und das anschließende Aufbringen von „brain–slides“ (hauchdünne Hirnschnitte) auf Glas, möglich gemacht. David erläuterte mir diese Methode detailliert und machte mich zusätzlich mit weiteren Möglichkeiten vertraut, die zum Erstellen von Karten der Nervenfasern oder zur Darstellung von unterschiedlichen Rezeptoren des Gehirns genutzt werden, wie z.B. die 3D PLI (Polarized light imaging) Methode zur Darstellung der Nervenfasern des Gehirns. Diese Technik wird genutzt, um im Rahmen des EU-Projekt EBRAINS langfristig die Darstellung der 3 Millionen Kilometer Nervenfasern im Gehirn auf zellulärer Auflösungsstufe in 3D zu ermöglichen. Diese Daten könnten dann auch interdisziplinär genutzt werden und somit auch andere Teilgebiete der Hirnforschung vorantreiben.

Des Weiteren machte David mich mit der Rezeptor–Transmitter–Methode vertraut. Durch radioaktiv markierte Transmitter werden dabei Rezeptoren im Kortex sichtbar gemacht. So sollen Funktion und Lage der verschiedenen Rezeptoren dargestellt werden können.

Alles unglaublich spannende Möglichkeiten, die dazu beitragen sollen, in naher Zukunft die Zusammenhänge von struktureller und funktioneller Organisation des Gehirns noch besser zu verstehen.

Voller neuer Informationen und Spannung auf den nächsten Tag fuhren wir zurück zum Haus Overbach. In unserer allabendlichen Reflektionsrunde berichteten wir uns gegenseitig unsere Erlebnisse und Erfahrungen in den unterschiedlichen Instituten. Es war sehr bereichernd, die verschiedenen Aufgabengebiete und Projekte näher kennenzulernen und die durchweg positiven Erlebnisse jedes Einzelnen aufzunehmen.

Tag 4
Mittwoch, 26.Juni 2024

Mit großer Freude lernte ich heute einen weiteren Teilbereich des INM-1 kennen. Markus (Team Leader „Laboratory“) machte mich mit der praktischen

(Er-)Forschung des Gehirns vertraut. Zum ersten Mal in meinem Leben durfte ich ein echtes menschliches Gehirn sehen. Dies erfasste mich direkt mit großer Ehrfurcht vor der Materie. Die Beschaffenheit und Struktur, die Fähigkeiten dieses ungewöhnlichen Organs und die (nicht sichtbaren) Möglichkeiten, die sich darinnen verbergen sind außergewöhnlich und faszinierend und nicht zu erahnen bei reiner Betrachtung.

Um den Aufbau und die strukturellen Unterschiede zu anderen Säugern

(in diesem Fall zur Ratte) feststellen zu können, durfte ich einer Präparation des Rattenhirns beiwohnen. Ich war vollkommen beeindruckt, dies einmal miterleben zu können. Deutlich sichtbar waren die strukturellen Unterschiede des Kortex und der einzelnen Hirnareale. Markus beantwortete uns alle aufgekommenen Fragen und versorgte uns mit weiterem Fachwissen.

Des Weiteren durfte ich heute im Labor der Herstellung von „brain-slides“ beiwohnen, die zum Erstellen des Hirnatlanten genutzt wird. Ich bekam die erforderlichen Schritte der chemischen, sehr filigranen Behandlung dieser erläutert und gezeigt.

Angefüllt mit diesen unglaublich spannenden Eindrücken fuhren wir wieder gemeinschaftlich ins Haus Overbach. Nach ausgiebiger Evaluation der vergangenen Tage und Besprechung des bevorstehenden, letzten Tages in den Instituten, verlebten wir einen sehr schönen Abend mit Kartenspiel, Grillen und viel Freude.


Tag 5
Donnerstag, 27.Juni 2024

Am heutigen, letzten Tag in unserem zugeteilten Institut, durfte ich ein weiteres Highlight erfahren. Qi, auch Physiker im INM-1, machte uns heute mit der Patch-Clamp-Methode vertraut. Was ich bisher nur theoretisch im Biologie–Unterricht (LK) erfahren hatte, konnte ich heute praktisch miterleben. Unter einem Hochleistungsmikroskop konnte ich das Auslösen von exzitatorischen und inhibitorischen Reizen an der Zellmembran einer Zelle des Kortex einer Ratte miterleben. Die Präzision, die zu den einzelnen Schritten dieser Methode erforderlich ist, hat mich tief beeindruckt. Auch Qi beantwortete alle unsere Fragen ausführlich und vermittelte uns an diesem Tag einen großartigen Einblick in diese Methode und die damit verbundenen Herausforderungen.

Um auch die ethischen Hürden und Herausforderungen, die mit Forschung, Fortschritt und Entwicklung verbunden sind, näher zu beleuchten, erwartete uns an diesem Nachmittag eine Gesprächsrunde zum Thema „KI und Ethik“ im Schülerlabor „JuLab“. Eine rege Diskussion entstand, die uns alle noch nachhaltig begleitete.

Gemeinschaftlich stellten wir fest, dass die Begrifflichkeit der Ethik in Verwendung mit KI immer wieder den aktuellen Entwicklungen angepasst werden muss und kein sogenannter „Standard“ auf die unterschiedlichsten Fragestellungen anzuwenden ist.

Nach diesen Eindrücken fuhren wir wieder gemeinsam ins Haus Overbach. Abschließend ging es in unserere letzte gemeinsame Evaluationsrunde mit intensiver Reflektion des Erlebten der letzten Woche. Wir verlebten einen sehr lustigen (leider letzten) Abend zusammen, den keiner von uns wirklich beenden wollte😊

 

Tag 6
Freitag, 28.Juni 2024

Am heutigen Freitag waren noch zwei Führungen geplant. Zunächst erhielten wir durch Martin Wirtz einen informativen Einblick in das Real-Labor LLEC. Martin machte uns mit der verwendeten intelligenten Technik im FZJ vertraut, welche zur Einsparung von Energie und Ressourcen genutzt und permanent weiterentwickelt wird. Dann durften wir einer Führung durch das AGRASIM im IBG-3 beiwohnen, wo wir die neuesten Methoden zur (Er-)Forschung von Klimawandel im Zusammenhang mit Landwirtschaft, gezeigt bekamen. Sehr spannend waren dort die Erläuterungen zu den Bedingungen, unter welchen die einzelnen Forschungen betrieben werden und welche Probleme die jeweiligen Institute im Verlauf einzelner Projekte zu bewältigen haben.

Nach unserem letzten Mittagessen im Seecasino beendeten wir unsere gemeinsame Zeit mit Kurzpräsentationen der einzelnen Praktikanten über ihre Institute und ihre Zeit im FZJ.

Der Nachmittag klang mit Kaffee, Kuchen und intensiven Gesprächen mit den einzelnen Betreuern aus.

Rückblickend lässt sich sagen, dass alle meine Erwartungen bezüglich des Aufenthaltes im FZJ übertroffen wurden. Ich hatte eine wunderschöne, ereignisreiche und prägende Zeit dort. Nun weiß ich, dank guter Beratung durch meine Betreuer, wie ich meine berufliche Zukunft gestalten möchte.

Ich möchte mich hiermit auch nochmal bei allen, die mir diese Woche ermöglicht haben, bedanken – als allererstes natürlich bei Jan Schmidt (ProMINat), meinen Betreuern im INM-1 in dieser Woche, und den Mitarbeitern des „JuLab“!

Ein großartiges Projekt und eine großartige Möglichkeit für Menschen auf dem zweiten Bildungsweg!!

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