Olesya V, Sommersemester 2014

31 Jahre
in Novosibirsk Mathematikstudium angefangen

Ich habe bereits ein russisches Abitur und hatte schon in Novosibirsk in Sibirien, wo ich aufgewachsen bin, mit dem Mathestudium auf Lehramt begonnen. Dann kam unsere Ausreise nach Deutschland dazwischen. 2004 bin ich mit der Familie meines heutigen Exmannes, der Spätaussiedler ist, und unserer gemeinsamen, mittlerweile 14-jährigen Tochter nach Köln gekommen. Von da an habe ich Sprachkurse besucht, Deutsch gelernt, in der Gastronomie gearbeitet und mich irgendwann entschlossen, das Abitur zu machen, weil mein russischer Abschluss nicht anerkannt wurde. Ein Bekannter hatte mir den Lehrgang KOOP empfohlen, wo ich die letzten 3 ½ Jahre gelernt habe. Bereut habe ich das nicht. Das deutsche Abitur ist doch anders als das russische. Hier braucht man fürs Abi zwei Fremdsprachen, in Russland nicht. Die Erwachsenenbildung hat mir gut gefallen, der Vormittagsunterricht ist für Mütter mit Kindern eine Supermöglichkeit, Familie und Schule unter einen Hut zu bringen. Dennoch war die Schule neben dem Job und der Erziehung meiner Tochter manchmal belastend. Lernen konnte ich meistens nur abends. Irgendwann schlägt das auf die Gesundheit.

Mathematik will ich nun nicht weiterstudieren, sondern Psychologie. Noch habe ich die russische Staatsangehörigkeit, aber ich möchte den deutschen Pass beantragen. Nach zehn Jahren fühle ich mich mittlerweile mehr als Deutsche denn als Russin und habe schon viel von der deutschen Mentalität angenommen. Das merke ich immer, wenn ich nach Russland fahre. Ich schätze Zuverlässigkeit und Ordnung. Und ich bin umweltbewusster geworden. Wenn ein Wasserhahn unnütz läuft, drehe ich ihn sofort zu. In Russland lässt man das Wasser einfach laufen. Andererseits vermisse ich die russische Spontaneität und Freude. Die Russen sind nicht so sicherheitsorientiert, sondern offen für das Glück. Wenn man heiraten will, tut man es einfach und macht sich keine langen Gedanken, ob man auch wirklich zusammenpasst und der Schritt richtig ist. Die Deutschen sind sehr rational.

Mein Tipp für zukünftige Studierende: seid in Sachen Schulbildung ein bisschen wie die Russen: offen für Euer Glück. Traut euch, das Abitur zu machen. Lasst Euch nicht einschüchtern von kleinen Rückschlägen, gebt den Traum nicht auf. Die Schulzeit verfliegt im Nu.

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